Es wimmelt im Nationalpark Bayerischer Wald

Im Rahmen eines weltweiten Kooperationsprojekts zur genetischen Erfassung von Insekten wurden im Bayerischen Wald während der Sommermonate nur eines Jahres insgesamt über 2500 verschiedene Insektenarten genetisch erfasst – und das mit nur einer einzigen Insektenfalle.

Erzwespe Mymar pulchellum

„Die Artenfülle hat uns alle überrascht“, sind sich Prof. Dr. Gerhard Haszprunar, Generaldirektor der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns (SNSB), und Dr. Franz Leibl, Leiter der Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald, einig.

Als Teil eines internationalen Insektenfang-Projekts (Global Malaise Programm, GMP) wurde im Sommer 2012 im Nationalpark Bayerischer Wald eine sogenannte Malaise-Falle aufgestellt. Malaise-Fallen sind zeltartige Gebilde, die sich besonders gut zur Erfassung der Biodiversität flugaktiver Insekten eignen. Während der nur fünf Monate dauernden Fangzeit wurden fast 30.000 Insekten gesammelt, die 2.530 Arten zugeordnet werden konnten. „Eine enorme Zahl, wenn man bedenkt, dass in den bisherigen Langzeiterfassungen für den Nationalpark erst 3257 Insektenarten sicher nachgewiesen wurden“, freut sich Dr. Franz Leibl, Leiter der Nationalparkverwaltung „Gerade im Hinblick auf das ansonsten weithin beobachtete Artensterben ist dieses Ergebnis sehr erfreulich. Nicht zu Unrecht gilt der Nationalpark Bayerischer Wald als eines der 30 Hotspot Gebiete für biologische Vielfalt in Deutschland.“ Schätzungen gehen derzeit von über 7.000 Insektenarten für den Nationalpark Bayerischer Wald aus.

Und eine weitere Überraschung zeigt die lange Liste der Arten aus dem Bayerischen Wald: Knapp die Hälfte der bestimmten Arten ist nur jeweils durch ein einziges Exemplar vertreten – sogenannte Singletons. „Dies zeigt uns deutlich, dass es weit mehr seltene Arten gibt, als bisher angenommen“, so Dr. Stefan Schmidt von der Zoologischen Staatssammlung München. Gerade solche Funde, wie die sehr seltene und mikroskopisch kleine Erzwespe Mymar pulchellum, freuen den Hautflügler-Experten Schmidt ganz besonders: „Es wird viel von Biodiversität geredet, dabei sind viele Arten vor allem kleinerer Insekten noch unentdeckt, und das sogar in unseren heimischen Wäldern“.

Initiator des internationalen Insektenfang-Projekts (Global Malaise Programm, GMP) ist der kanadische Forscher Paul Hebert, der sich zum Ziel gesetzt hat, weltweit alle Tierarten genetisch zu erfassen, und zu diesem Zweck in Kanada ein großes Analyselabor aufgebaut hat. Im GMP wurde seit 2012 an 50 Standorten über den gesamten Erdball verteilt jeweils eine Malaise-Falle aufgestellt, deren Fangergebnisse nun kurz vor der endgültigen Auswertung stehen. Aus dem Projekt sollen insgesamt rund 1 Millionen Insektenproben genetisch erfasst werden. Zur Bestimmung der Arten werden sogenannte DNA-Barcodes erstellt: DNA-Sequenzen, die für jede Art einzigartig sind. Spannendes Ziel des Malaise-Programms ist der globale Vergleich der Insektenvielfalt auf der Erde. Als optimaler Standort für Mitteleuropa wurde als naturnahe Waldlandschaft der Nationalpark Bayerischer Wald ausgewählt.

Die ZSM beherbergt rund 25 Millionen zoologische Objekte und gehört, als Teil der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns (SNSB), weltweit zu den größten naturkundlichen Sammlungen. Im Rahmen der Initiativen "Barcoding Fauna Bavarica" (BFB) und "German Barcode of Life" (GBOL) verfolgen die Münchener Forscher das ehrgeizige Ziel, alle deutschen Tierarten genetisch zu erfassen und in einer Online-Bibliothek für Fachleute weltweit zur Verfügung zu stellen. Mit dem Nationalpark Bayerischer Wald koope-riert die ZSM im Rahmen des GBOL-Projekts bereits seit Jahren erfolgreich.

Das Bild zeigt die seltene Erzwespe Mymar pulchellum. Viele solch mikroskopisch kleiner Insekten sind heute noch unentdeckt. (Foto: SNSB-ZSM)

Bilder in voller Größe runterladen: 
Erzwespe Mymar pulchellum